Zum Rückzug der Sexualkunde-Initiative
Neustart ohne Altlasten
Einen schlechteren Start hätte die Initiative «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Volksschule» nicht erwischen können: Schon drei Tage nach der Lancierung redete niemand mehr von den Anliegen der Initianten. Schlagzeilen machte stattdessen ein verurteilter Kinderschänder – der CoPräsident des Initiativkomitees. Auch wenn sich die Initianten sofort vom pädophilen Vater distanzierten, blieb sein Name offiziell mit dem Anliegen verknüpft: Ist eine Initiative lanciert, können im Bundesblatt nachträglich keine Änderungen mehr angebracht werden.
Mit dieser Altlast wollten die Initianten nicht weiter auf den Strassen Unterschriften sammeln. Es ist daher folgerichtig, dass sie ihre Initiative selbst zum Absturz brachten, indem sie nur eine einzige Unterschrift einreichten. Nach diesem Befreiungsschlag steht der Weg frei für die Neulancierung der Initiative mit neu besetztem Komitee.
Der Sexualkunde-Initiative bläst ein frostiger Wind entgegen. Alle grossen Parteien ausser der SVP haben ihre Ablehnung deutlich gemacht. Doch das Thema Sexualkunde liegt zumindest gewissen Kreisen der Bevölkerung auf dem Magen. Ein Brief «gegen die Sexualisierung der Volksschule», den Ulrich Schlüer vergangenes Jahr an die Konferenz der Erziehungsdirektoren schickte, dokumentiert das grosse Unbehagen: Der Brief hatte 90 000 Unterschriften. Es wäre daher verfrüht, den Tod der Sexualkunde-Initiative herbeizureden.
karen.schaerer@azmedien.ch