Der Sonntag, 28.06.12

Soll Sexualkundeunterricht erst nach dem neunten Altersjahr erfolgen und freiwillig bleiben?

Eine Volksinitiative macht sich stark für den «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule». Unter anderem soll Sexualkundeunterricht vor dem neunten Altersjahr untersagt sein. Der Rücktritt eines wegen Kindsmissbrauch verurteilten Initiativkomitee-Mitglieds machte kurzfristig einen Neustart des Volksbegehrens nötig. 

Sexualerziehung soll Sache der Eltern bleiben

Presseberichten über die «Sexboxen», die in Basel ab August 2011 in Kindergärten und Schulen eingeführt werden sollten, wollten besorgte Eltern wissen, was dahintersteckt. Aufgrund des in einer dieser «Sexboxen» vorgefundenen pornografischen Materials unterstützten die Eltern eine Petition gegen die Sexualisierung der Volksschule und wollten einen Bogen samt Bildern aus einem zur «Sexbox» gehörenden Buch an die Bevölkerung verschicken. Die Post verweigerte den Versand jedoch mit dem Hinweis, die für die Sexualaufklärung gedachten Bilder seien pornografisch! Gleichzeitig stellten die Eltern fest, dass es neu einen Leitfaden mit Lernzielen für den Sexualkundeunterricht gibt. Es sollte zwar kein Fach geben, das so heisst, aber der Unterricht sollte fächerübergreifend stattfinden und zwingend sein. Dispensationsgesuche besorgter Eltern lehnte das Basler Erziehungsdepartement ab. Mit Unterstützung von Politikern haben sich die Eltern darauf entschlossen, eine Initiative zu lancieren. Der obligatorische Sexualkundeunterricht in der Schule ist gegen die Grundrechte der persönlichen Freiheit, des Schutzes der Unversehrtheit der Kinder und der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Ein Gesetz, das diese Grundrechtsverletzung legitimiert, gibt es in der Schweiz nicht. Deshalb ist der obligatorische Sexualkundeunterricht illegal. Die Grundrechte sind in der Bundesverfassung im Hinblick auf den Sexualkundeunterricht wenig explizit geregelt. Sie könnten durch ein Gesetz eingeschränkt werden.

Es braucht einen Grundrechtsartikel, der explizit zum Ausdruck bringt, dass es für Kindergarten und die ersten zwei Klassen keinen Sexualkundeunterricht geben darf. Wenn dies festgeschrieben steht, kann dieser Verfassungsartikel nicht mehr eingeschränkt werden. So verfolgt die Initiative denn auch folgende fünf Hauptziele: Sie will in der Verfassung festschreiben, dass Sexualerziehung Sache der Eltern ist, es vor dem vollendeten neunten Altersjahr keinen Sexualkundeunterricht geben darf, ab dem vollendeten neunten Altersjahr freiwilliger Sexualkundeunterricht möglich ist, ab dem vollendeten zwölften Altersjahr ein obligatorischer Biologieunterricht (nicht Sexualkundeunterricht) über die menschliche Fortpflanzung und Entwicklung erteilt werden soll, ab dem Kindergarten hingegen schon Präventionsunterricht gegen Kindsmissbrauch erteilt wird. Es geht nicht darum, dass Kinder keine präventive Aufldärung erhalten sollen, sondern darum, dass die Kinder vor nicht stufengerechtem Sexualunterricht verschont werden. Die Sexualität ist Sache des Einzelnen. Der Zwang zur Teilnahme greift in den Schutzbereich ein. Die Eltern können alters- und entwicklungsgerecht auf Themen der Sexualität eingehen. Sexualerziehung durch die Schule verletzt das Recht der Eltern auf Erziehung, behandelt alle Kinder gleich, obwohl gerade in dieser höchst persönlichen Frage kein Kind gleich ist. Sexualerziehung mit ihren Normen und Werthaltungen gehört weiterhin in den Verantwortungsbereich der Eltern.