Aus der Basler Zeitung vom 15.5.14
Eine Stiftung ärgert sich an der neuen «Love-Life»-Kampagne des Bundes und droht mit einer Anzeigenflut
Die neue Aids-Präventionskampagne des Bundesamts für Gesundheit (BAG) erhitzt die Gemüter. Der provokative Werbespot bringt die Stiftung Zukunft CH derart in Rage, dass sie die Bevölkerung der Schweiz aufruft, das BAG «mit einer Flut von Strafanzeigen» einzudecken. Die Stiftung Zukunft CH, die sich eigentlich gegen die schleichende Einführung der Scharia einsetzt, dehnt ihren Handlungsradius aus. Sie stört sich daran, dass die Kampagne unverblümt Bilder von homo- und heterosexuellen Paaren beim Sex zeigt.
Für die Stiftung ist klar, dass sich die neue Kampagne mit dem Strafgesetzbuch nicht vereinbaren lässt. Laut diesem ist es verboten, Pornografie unter 16-jährigen zugänglich zu machen. Dominik Lusser, Mitarbeiter der Stiftung Zukunft CH, schritt gestern auch zur Tat und erstattete in Luzern Anzeige. Lusser, der die Anzeige als Mitarbeiter der Stiftung im Namen seiner Mitgliedschaft in der Interessensgemeinschaft Sexualerziehung erhob, stiess bei der Luzerner Polizei aber auf taube Ohren. Der Straftatbestand sei nicht erfüllt, wurde ihm mitgeteilt. Ober er die Anzeige weiterzieht, wird derzeit noch abgeklärt.
Unterstützung erhält die Stiftung von der EVP. Laut Medienmitteilung will die Partei Kindern in der Öffentlichkeit vor solchen Sexszenen bewahren. Obwohl der Clip keine Geschlechtsteile zeige, würden die Bilder und Clips von vielen Betrachtern als pornografisch empfunden, sagt die EVP. Es stelle sich auch die Frage, welche «Porno-Dampfwalze» bei der nächsten Kampagne komme. Die EVP prüft nun ebenfalls eine Anklage. Das BAG reagiert laut Luzerner Zeitung gelassen.
Bei der Kampagne handle es sich nicht um Pornografie. Man habe das juristisch abklären lassen, zitiert die Zeitung den Sprecher. «Viele finden das einen Skandal» Dominik Lusser von Zukunft CH hofft auf politisches Nachspiel BaZ: Was stört Sie an der neuen «Love-Life»-Kampagne des BAG? Dominik Lusser: Sie ist, wie der Ex-Benetton-Fotograf Oliviero Toscani gegenüber 20 Minuten sagt, «nur Pornografie». Unser Augenmerk gilt den Kindern, deren Sensibilität übergangen wird. Da ist es lächerlich, auf die theoretische Unterscheidungen zwischen Pornografie und Nicht-Pornografie zu verweisen, wie dies die Aids-Hilfe und das BAG tun. Sexualität ist im Internet und im Fernsehen omnipräsent.
Warum überschreitet genau diese Kampagne Ihre Grenzen? Das Grundproblem liegt darin, dass das BAG, die Aids-Hilfe und Sexuelle Gesundheit Schweiz neben der Prävention noch andere Interessen verfolgen. Das BAG ist Promotor einer sexuellen Freiheit ohne Grenzen und Tabus. Sexuelle Gesundheit hat aber nicht nur mit Lust und Schutz vor Krankheiten, sondern auch mit langfristigen und echt beglückenden Beziehungen zu tun. Sie rufen die Bevölkerung auf, das Bundesamt für Gesundheit zu verklagen. Erwarten Sie wirklich eine Anzeigenflut? Viele Menschen haben uns gefragt, was man gegen diese Kampagne tun könne. Eine Anzeige ist eine Möglichkeit.
Es wird sich zeigen, was diese bewirkt. Es ist auf alle Fälle wichtig, dass eine Diskussion angestossen wird, was im öffentlichen Raum sein darf und was nicht. Nur weil das SRF und die Gratiszeitungen laufend freizügiger werden, heisst das nicht, dass alle Leute begeistert davon sind. Viele Leute finden die aktuelle Kampagne einen Skandal. Heute ist internationaler Tag gegen Homophobie. Wie prüde sind Sie? Wir hätten die Kampagne auch kritisiert, wenn nur Hetero-Pärchen dargestellt worden wären.
Wenn der Staat Bürger dazu aufruft, sich beim Sex filmen zu lassen, dann bringt er damit das Fass zum Überlaufen. Wir hoffen, dass diese Geschichte ein politisches Nachspiel haben wird.